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Eine homiletische Lektion einer halachischen Autorität (Paraschat Schmini 5784)

Schwimmen lernen - wozu?

Wochenabschnitt Paraschat Schmini: Eine homiletische Lektion einer halachischen Autorität

Rav Frand zu Paraschat Schemini – Beitrag 2

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Ich stiess auf eine homiletische Einsicht über die Parascha, die einer sehr unwahrscheinlichen Quelle zugeschrieben wurde. Ich nehme an, dass niemand während dutzenden Jahren vermuten würde, wer dieses Wort gesagt hat, das ein wunderschöner homiletischer Gedanke ist, aber nicht einer, den man von dieser Autorität erwartet hätte. Diese ist eher für halachische Kompetenz als für homiletische Gedanken bekannt.

In der dieswöchigen Parascha haben wir die Merkmale der koscheren Tiere und der koscheren Fische und die Namen der nichtkoscheren Vögel. Die zwei Merkmale eines koscheren Fischs sind die Flossen und Schuppen. Alle Fische haben Flossen, aber nicht alle haben Schuppen. Die Gemara (Kidduschin 29a) zitiert eine Bareita (tanaitische Quelle), welche erklärt, dass ein Vater fünf Pflichten gegenüber seinem Sohn hat: Ihn zu beschneiden, ihn auszulösen (wenn er ein ‘Peter Rechem – ein Erstgeborener’ ist), ihn Tora zu lehren, ihn zu verheiraten und ihm einen Beruf zu lehren. Der Talmud zitiert dann eine andere Meinung, die eine sechste Pflicht hinzufügt: Ein Vater muss seinem Sohn das Schwimmen beibringen.

Wieso muss denn ein Vater seinem Kind das Schwimmen beibringen? Die einfache Erklärung ist, dass in talmudischen Zeiten das Reisen häufig übers Wasser geschah. Der Handel wurde über Schiffe geführt. Die Schiffe in jener Zeit waren oft abgenutzt. Es war nicht ungewöhnlich, dass Schiffe sanken. Es war deshalb natürlich, dass ein Vater seinem Sohn das Schwimmen beibringen sollte, damit er in jeder Situation, die diese Fähigkeit erforderte, überleben konnte.

Gibt es jedoch nicht andere Dinge, die ein Kind wissen muss, um sich vor lauernden Gefahren zu schützen? Gab es nur Gefahren auf dem Wasser, und nicht auf den Strassen und unterwegs? Vielleicht sollte ein Vater seinem Kind das Kämpfen auslernen?  Warum erwähnt die Bareita von allen praktischen Fähigkeiten, die für das Überleben in dieser Welt nötig sind, nur das Schwimmen?

Die Antwort ist die folgende: Warum sagt die Tora, dass ein koscherer Fisch Schuppen und Flossen haben muss? Es ist, weil Fische schwimmen. Was ist der Unterschied zwischen Schwimmen und auf dem Wasser treiben? Treiben bedeutet, dass man sich über Wasser hält, aber mit dem Strom mitgeht. Wenn man schwimmt, kann man seine eigene Richtung bestimmen. Man kann stromaufwärts schwimmen, aber man nicht stromaufwärts treiben. Man treibt nur dorthin, wo das Wasser ihn nimmt.

Das Schwimmen stellt die Fähigkeit dar, in einer Umgebung zu überleben, die vielleicht gegen ihn ist. Der Grund, warum die Tora sagt, dass ein Fisch Schuppen und Flossen haben muss, um koscher zu sein, ist, weil die Schuppen den Fisch vor seiner Umgebung schützen. Schuppen dienen als Rüstung. Der Fisch absorbiert nicht alles, was draussen im Wasser ist, weil er den Schutz dieser Rüstung hat. Der Fisch ist fähig zu überleben und dorthin zu schwimmen, wo er will, all dies wegen seinen Flossen. Der Salm schwimmt vom Pazifischen Ozean den ganzen Weg stromaufwärts bis dort, wo er sich vermehrt – er bestimmt seine eigene Richtung. Das ist der Grund, warum er koscher ist.

Diese Fische sind koscher, weil sie nicht Dinge aus ihrer Umgebung absorbieren, die für sie toxisch sein könnten, und sie sind koscher, weil sie ihre eigene Richtung bestimmen können, auch gegen den Lauf der Umgebung, in der sie sich befinden.

Auch der Jude muss auf diese Weise überleben. Wir befinden uns schon fast zweitausend Jahre im Galut (Exil). Wir befanden uns im grössten Teil der jüdischen Geschichte im Galut. Wie überlebt man das Galut? Man überlebt so wie ein Fisch überlebt. Wir haben unseren Schutz. Wir absorbieren nicht die Kultur unserer Umgebung und assimilieren uns nicht. Wir haben unsere Flossen, aber wir müssen nicht mit dem Strom schwimmen, wir können gegen den Strom schwimmen.

Das Merkmal des Snapir (Flossen) und Kaskesset (Schuppen) ist, was einen Juden koscher macht. Er hat den Schutz vor der Umgebung, und er legt seine eigene Richtung fest. Dies ist, was der Talmud lehrt, wenn er sagt, dass ein Mensch seinem Sohn das Schwimmen beibringen muss. Es bedeutet nicht nur buchstäblich das Schwimmen. Es bedeutet, dass ein Vater seinem Sohn die Kunst des Schwimmens beibringen muss – die Kunst, nicht mit dem Strom zu schwimmen und nicht von der Flut der Zeiten fortgetrieben zu werden, was immer dies sein mag.

Dies ist die Botschaft des Snapir und Kaskesset, und die Botschaft der Pflicht des Vaters, seinem Sohn das Schwimmen beizubringen.

Wer sagte diesen wunderschönen homiletischen Gedanken? Der Gaon, haRaw Josef Schalom Eljaschiv Sacher Zaddik liwracha.

Quellen und Persönlichkeiten:

Rabbi Josef Schalom Eljaschiv  (1910 – 2012), geb. in Schaulen, Russisches Reich, lebte alsdann in Jerusalem. Er war ein israelischer charedischer Rabbiner und Possek. Rav Eljaschiv war bis zu seinem Tod, bei 102 Jahren, als Rechtsgelehrter aktiv und gehörte zu den erstrangigen Führern der israelischen sowie der in der Diaspora lebenden charedischen Gemeinde. Die meisten Juden betrachteten ihn als Possek HaDor, die führende Autorität bei Fragen zur Halacha, dem jüdischen Recht. 

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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