Ijar/Behar – Bechukotai
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Rabbi Akiwas Schüler wurden für etwas bestraft, das schlimmer war als ein Mangel an gegenseitigem Respekt – Paraschat Kedoschim und Omer – Zeit 5785

Steht einem für Respektlosigkeit die Todesstrafe zu?
Foto: AI Avigail

Wochenabschnitt Paraschat Kedoschim und Omer-Zeit: Rabbi Akiwas Schüler wurden für etwas bestraft, das schlimmer war als ein Mangel an gegenseitigem Respekt

Rav Frand zu Paraschat Kedoschim und zur Omer-Zeit – Beitrag 2

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt Paraschat Acharei Mot, finden Sie hier

Paraschat Kedoschim enthält den berühmten Passuk "…we’ahawta leReacha kamocha - Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Wajikra 19:18), über den Rabbi Akiwa erklärte: Se Klall gadol baTora - dies ist das fundamentale Prinzip der Tora (Torat Kohanim, wird auch in Raschi zitiert). Dieser Passuk lehrt das positive biblische Gebot, dass man jeden Juden lieben sollte, oder, wie der Ramban es genauer erklärt, mit jedem Juden so umgehen sollte, wie wenn man ihn liebt. (Ob diese Mizwa uns zu einem emotionalen Gefühl verpflichtet, ist nicht so klar, aber zumindest sollte ein Mensch mit jedem Juden mit derselben Liebe und Sorge umgehen, wie er es mit sich selbst tun würde). Verhalte dich gegenüber ihm so, wie du es für dich selbst wünschen würdest, und tue nichts gegen ihn, das du für dich selbst nicht wünschen würdest.

Wie wir alle wissen, befinden wir uns jetzt in den Tagen von Sefirat Haomer (Omer-Zählung), in denen wir des Todes der 24000 Schüler von Rabbi Akiwa gedenken. Eine der grössten Ironien der jüdischen Geschichte ist es, dass Rabbi Akiwa, der die Worte "We’ahawta leReacha kamocha" zu propagieren pflegte, 24000 Schüler hatte, die gemäss Chasal (Talmud Traktat Jewamot 62b) starben, weil "lo nohagu kawod se lase (sie einander nicht mit angemessenem Respekt behandelten).

Stellen Sie sich diese Tragödie vor – 24000 Toraschüler, die innert kurzer Zeit starben. Wir können uns dies gar nicht vorstellen! Es gibt heute in der Welt grosse Jeschiwot. Es gibt in Lakewood zwischen 6000 und 7000 Talmidim (Tora-Studenten). Es gibt ungefähr dieselbe Anzahl von Talmidim in der Mirrer Jeschiwa in Jeruschalajim. Könnten wir uns chas weschalom vorstellen, dass eine dieser Jeschiwot plötzlich nicht mehr hier ist? Es wäre eine unvorstellbare Tragödie! Und als Strafe für welche Sünde? Weil sie einander nicht den angemessenen Respekt beimassen. Dies ist etwas, was wir nicht begreifen können.

Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum Rabbi Akiwas Talmidim so schwer für etwas bestraft wurden, das sicherlich kein Kapitalverbrechen ist! Eine klassische Antwort ist, dass ihr hohes geistiges Niveau die Bedeutung ihrer Handlungen verstärkte, da Hakadosch Baruch Hu für Zaddikim (Fromme, Gerechte) einen höheren Standard hat. "Er wägt die Strafe für sie gemäss einem dünnen Haar ab" (Baba Kama 50a).

Ich sah eine interessante Erklärung des Chafez Chajim, der die folgende Frage stellt: Welches Verbrechen oder welche Sünde begingen sie, dass sie die Todesstrafe erhielten? Er bringt eine neuartige Idee: Sie wurden nicht für die Sünde der Respektlosigkeit gegenüber anderen bestraft, sondern für die Sünde des Chillul Haschem (Entweihung des G"ttlichen Namens). Der Mangel an gegenseitigem Respekt, der sich unter den Schülern von Rabbi Akiwa offenbarte, verbreitete den Eindruck in der allgemeinen Welt, dass Talmidej Chachamim miteinander kämpfen.

Der Chafez Chajim erklärt, dass der "Mangel an Respekt" von schrecklichen Machloket und entzweienden Streitereien herrührte, die unter Rabbi Akiwas Talmidim herrschten. Wenn Talmidej Chachamim miteinander streiten, sagte der Chafez Chaim, ist dies ein Chillul Haschem. Chillul Haschem ist eine schreckliche Sünde, die in der Tat mit dem Tod bestraft werden kann.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Torat Kohanim oder Sifra: Ältester Midrasch Kommentar (Erklärung der Tana’im/Mischna-Gelehrten) zu Sefer Wajikra. Stammt aus dem Bejt Hamidrasch von Rabbi Jehuda, Schüler von Rabbi Akiwa. Raschi zitiert ihn oft.
  • Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • Chafez Chajim: (1838-1933): Rabbi Jisrael Me’ir HaKohen von Radin. Autor grundlegender Werke zu jüdischem Recht und jüdischen Werten (Halachah, Haschkafah und Mussar), wie die Werke ‚Mischna Berura‘, ‚Chafez Chajim‘, ‚Schmirat Halaschon‘, etc. Einer der prominentesten Führer des orthodoxen Judentums vor dem 2. Weltkrieg.   

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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