Nicht in dieser Welt
Rabbi Berel Wein zu Parschat Ejkew 5785 – Beitrag 1
Ergänzungen: S. Weinmann
Weitere Artikel zu den Wochenabschnitt , finden Sie hier
In der dieswöchigen Parascha scheint die Tora anzudeuten, dass es eine einfache Formel für ein erfolgreiches Leben gibt, wenn man im Land Israel lebt. Wenn wir die Gebote von Haschem befolgen und die Gesetze der Tora beachten, wird das jüdische Volk mit physischen Berachot (Segen, Fülle) von Gesundheit, Langlebigkeit und Wohlstand gesegnet werden. Und falls das jüdische Volk aus irgendwelchen Gründen beschliesst, vom Dienst an G-tt abzuweichen, werden physische Katastrophen es befallen.
Ein wortgetreues Lesen des Tora-Abschnitts würde den Leser oder Schüler sicherlich zu dieser Schlussfolgerung bringen. Und doch würde diese Einsicht, d.h. die Beachtung der Gebote als bestimmender Faktor zur Erzielung von Berachot und Erfolg im Leben in dieser Welt, gegen den bekannten Ausspruch von Rabbi Ja’akow im Talmud (Traktat Kiduschin 39b) verfahren, dass “S’char Mizwa behai Alma lekke” – dass Belohnungen für die Gebote in dieser Welt nicht wirklich existieren.
Wenn dies der Fall ist, wie sollen wir die offensichtlich wortgetreue Lektion verstehen, welche die dieswöchige Parascha uns scheinbar lehren will? Wenn Belohnung und Bestrafung nicht auf der Erfüllung der Gebote basieren, was will uns die Tora denn lehren? Diese Themen und Fragen sind von Gelehrten und Kommentatoren während vielen Jahrhunderten zur Sprache gebracht worden. Wie man sich wohl vorstellen kann, gibt es mehrere verschiedene Betrachtungsweisen zu dieser Frage. Alle sind es wert, erwähnt zu werden; in diesem kurzen Artikel jedoch will ich mich auf eine der zentralen Ideen begrenzen, die bezüglich dieses Problems vorgeschlagen wurden
Die Versprechungen, die von der Tora für die Beachtung der Gebote gemacht wurden, werden nicht als Belohnung betrachtet, sondern eher als eine natürliche Folge von gutem Verhalten und fortdauerndem Glauben. Eine wahre Belohnung und ständiges Glück sind seltene Ereignisse in der menschlichen Existenz. Oft freut sich ein Mensch, wenn er – wie er oder sie glaubt – eine Glückssträhne hat. Leider stellt sich, wie oft im Leben, heraus, dass die Glückssträhne am Ende nicht so gut war. Und dasselbe ist im umgekehrten Fall so. Oft sind wir über Ereignisse, die uns geschehen, entmutigt, und sehen erst zu einem späteren Zeitpunkt, dass wir für diese Erfahrung dankbar sein sollten. Der Himmel verwendet ein anderes Mass für Güte und Belohnung als dasjenige, das wir in dieser Welt verwenden.
______________________________________________________________________________
Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich
______________________________________________________________________________
Copyright © 2025 by Verein Lema’an Achai / Jüfo-Zentrum.
Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.ch und www.juefo.com
Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor und Verein Lema’an Achai / Jüfo-Zentrum.
Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: info@juefo.com für Fragen zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.