Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
Elul/ Paraschat Ki Tawo
Elul/ Paraschat Ki Tawo

Eine Machloket (Disput) im Midrasch in Bechutokai, die mit einer halachischen Machloket in Pessachim verbunden ist. (Paraschat Bechukotai 5784)

Verschwinden die wilden Tiere oder werden sie zahm?
Foto: AI free sharing

Wochenabschnitt Paraschat Bechukotai: Eine Machloket (Disput) im Midrasch in Bechutokai, die mit einer halachischen Machloket in Pessachim verbunden ist

Rav Frand zu Paraschat Bechukotai – Beitrag 2

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt Paraschat Bechukotai, finden Sie hier

Paraschat Bechukotai beginnt mit den Berachot (Belohnung und Segen), die der Ribbono schel Olam (Herr der Welt) uns verspricht, wenn wir die Tora halten werden. Dies ist sehr ermutigend. Leider teilt uns die Tora in diesem Wochenabschnitt auch die “Kehrseite” dieser Situation mit: “Wenn ihr Mir aber nicht gehorcht und alle diese Gebote nicht haltet …” (Wajikra 26:14).

Eine der wunderschönen Berachot, die der Allmächtige dem Klall Jisrael verspricht ist: “Und Ich werde für Frieden im Land sorgen, dass ihr euch niederlegen könnt, ohne dass jemand euch aufschreckt, und Ich werde die wilden Tiere aus dem Lande entfernen, und kein Schwert wird durch euer Land ziehen” (Wajikra 26:6).

Wir müssen realisieren – wie wir es aus dem Tanach ersehen – dass (zumindest in einer gewissen Zeit in der Geschichte) Löwen in Erez Jisrael einheimisch waren. Nachdem die zehn Stämme des Königtums Jisrael furchtbar sündigten, kam der assyrische König Schalmanesser (Salmanesser) und vertrieb sie nach Aschur (Assyrien) und besetzte sie in Chelach und Chawor, beim Fluss Gosan und in die Städte von Madai (Medien)…

Der König   von Aschur (Assyrien) brachte Leute von Bawel (Babylonien), von Kutha, von Awa, von Chamat und Sefarwajim und besetzte sie in die Städte von Schomron (Samaria) anstatt der Kinder Jisrael; und sie nahmen Schomron ein und wohnten in seinen Städten. Am Beginn ihres Wohnens dort, fürchteten sie nicht den Ewigen, da sandte der Ewige Löwen unter sie, die sie erdrosselten. Man liess dem König von Aschur sagen: Die Heiden, die du hast hergebracht, und damit die Städte Schomrons (Samarias) besetzt, wissen nichts von den Gesetzen vom G-tt dieses Landes; darum hat Er Löwen unter sie gesandt, und siehe, dieselben töten sie, weil sie nicht wissen um die Weise          G-ttes im Lande. Der König von Assyrien gebot und sprach: Bringet dorthin einen der Kohanim (Priester), die von dort vertrieben wurde; er soll sich in Bejt Ejl besetzen, und soll sie belehren, wie man den G-tt dieses Landes fürchten muss… (Melachim/Könige II, Kapitel 17).

Dies ist die Geschichte der “Löwen, die Leute bekehrten”.

In biblischen Zeiten sorgten sich die Menschen über die wilden Tiere, die die Landschaft durchstreiften, und so ist der obenerwähnte Passuk “Ich werde die wilden Tiere aus dem Land entfernen” eine bedeutende Beracha.

Ich möchte eine Betrachtung machen, die etwas untypisch ist für die Art von Erklärungen, die wir normalerweise zum Chumasch weitergeben, die jedoch – meiner Meinung nach – doch brillant ist.

Es gibt einen Disput im Torat Kohanim (zur Stelle) und Jalkut Schimoni (672) bezüglich des Versprechens, dass Haschem die wilden Tiere aus dem Land entfernen wird. Rabbi Jehuda sagt, dass dies bedeutet, dass diese wilden Tiere gänzlich aus der Welt entfernt werden würden. Wilde Tiere werden aufhören zu existieren: Keine Löwen, keine Leoparden und keine Pumas – all diese Raubtiere werden aussterben! Rabbi Schimon interpretiert diese Beracha dahin, dass die Tiere noch existieren werden, dass sie jedoch friedlich sein werden, damit sie nicht mehr angreifen. Die Löwen, Leoparden, Pumas etc. werden zahm und häuslich werden, aber sie werden immer noch vorhanden sein. Laut Rabbi Schimon ist dieses Versprechen des “Entfernens der wilden Tiere” vergleichbar mit dem Versprechen von Jeschajahu (11:6-8) zu messianischen Zeiten: “Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen und die Panther  bei den Ziegenböcken liegen. Ein kleiner Knabe wird Kälber, junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden gemeinsam auf die Weide gehen, dass ihre Jungen beieinander liegen; und Löwen werden Stroh essen wie die Ochsen. Und ein Säugling wird sich vergnügen am Loch der Otter, und ein Kleinkind wird seine Hand stecken in die Höhle der Vipern (Giftschlangen).

Der Wolf und der Löwe werden noch hier sein, aber ihr Wesen wird sich verändern.

Der grosse Rogatschower Gaon schreibt ein wunderschönes Lomdus (tiefe halachische Analyse) in seinem Sefer Zofnat Paneach. Er bemerkt, dass dieser Midrasch-Disput zwischen Rabbi Jehuda und Rabbi Schimon im Jalkut Schimoni einem anderen Disput zwischen ihnen im Talmud entspricht. In der Mischna in Pessachim (Kap. 2, Mischna 1) ist Rabbi Jehuda der Meinung, dass die Mizwa des Vernichtens des Chamez (Gesäuertes) vor Pessach nur durch ein Verbrennen des Chamez erfüllt werden kann. Die Weisen in jener Mischna (der laut Meinung des Rogatschower Gaons Rabbi Schimon ist) sind der Meinung, dass Chamez auf irgendwelche Art beseitigt werden kann. Es muss nicht verbrannt werden. Es kann einfach zerrieben und in den Wind oder ins Meer geworfen werden.

Der Rogatschower erklärt, dass wir die Pflicht, unseren Chamez loszuwerden, aus dem Passuk “Taschbitu Se’or miBatejchem” (beseitigt den Sauerteig aus euren Häusern) (Schemot 12:15) lernen. Das Verb “taschbitu”, das wir für das Chamez finden, hat denselben Ursprung wie das Wort: “wehischbatiChaja ra’a min ha’Arez” (ich werde die wilden Tiere aus dem Land entfernen) im Passuk hier in Bechukotai. Der Rogatschower sagt, dass Rabbi Jehuda und Rabbi Schimon einen tiefgreifenden Disput bezüglich der Übersetzung des Wortes ‘schewita’ haben. Rabbi Jehuda ist der Meinung, dass wenn die Tora das Wort schewita verwendet, dies eine richtige Vernichtung bedeutet, es zu etwas nicht Existierendem zu machen. Deshalb bedeutet es hier in Bechukotai, wenn wir lernen “wehischbati Chaja ra’a”, dass sie überhaupt nicht mehr vorhanden sein werden, genauso wie “taschbitu Se’or” bedeutet, dass das Chamez zu existieren aufhören wird (indem es verbrannt wird). Rabbi Schimon ist anderer Meinung. Eine Person muss nur das Wesentliche des Chamez entfernen, es einfach zum Verschwinden bringen oder ungeniessbar machen. Es kann immer noch vorhanden sein, es muss nur zerrieben werden, ins Meer geworfen werden, oder mit einem giftigen Mittel übergossen werden. Es existiert noch, verliert jedoch seine Natur und sein Wesen. Dies ist die Definition von ‘taschbitu’. Deshalb, wenn hier steht ‘wehischbati Chaja ra’a min Haarez’, bedeutet es auch, dass die Tiere noch vorhanden sein werden, dass sie jedoch ihr Wesen verändern werden – ihre schlechte Natur, die sie zu Raubtieren macht.

Quellen und Persönlichkeiten:

Sifra oder Torat Kohanim: Ältester Midrasch Kommentar (Erklärung der Tana’im/Mischna-Gelehrten) zu Sefer Wajikra. Stammt aus dem Bejt Hamidrasch von Rabbi Jehuda, Schüler von Rabbi Akiwa. Raschi zitiert ihn oft.

Jalkut Schim’oni ist eine Midraschim-Sammlung. Der Verfasser ist vermutlich Rabbi Schim’on Kara, genannt Rabbi Schim’on haDarschan. Französischer Rabbiner (12. Jahrhundert) Nach         anderen Quellen aus Frankfurt a/M stammend (11. Jahrhundert); vermutlich doch erst aus dem 13. Jahrhundert. Dieses Werk ist deshalb besonders wertvoll, weil er diverse Quellen benutzt, die ansonsten teilweise oder ganz als verloren gelten, wie  Sifrej Suta, Midrasch Jelamdenu, Midrasch Awkir, etc.

Rabbi Josef Rosen (1858-1936), Rogatschow (heute Weissrussland), bekannt als Rogatschower Gaon (Genie von Rogatschow). Er war ein aschkenasischer Rabbiner und einer der prominentesten talmudistischen Gelehrten des frühen 20. Jahrhunderts. Rav Rosen war wegen seines fotografischen Gedächtnisses und seiner Tendenz, Quellen aus dem Talmud zu scheinbar nicht verwandten Situationen zu verbinden, bekannt. Der Rogatschower Gaon wurde als das wichtigste talmudische Genie seiner Zeit beschrieben. Er hat schätzungsweise etwa 50’000 Antworten geschrieben, was ihn zum produktivsten Reaktions-Autor in der jüdischen Geschichte macht. Seine Schriften sind unter dem Titel Zofnat Paneach bekannt.

Rabbi Josef wurde in Rogatschov, in einer chassidischen Familie von ChabadKapust geboren. Er lernte im örtlichen Cheder (Grundschule). Seine ungewöhnlichen Fähigkeiten wurden im Alter von 13 Jahren bemerkt, und wurde deshalb zum Studium nach Sluzk geschickt, wo er dort zusammen mit Rabbi Chajim Soloveitchik (5 Jahre älter) unter der Leitung von Rabbi Josef Dov Soloveitchik (Bejs Halevi) studierte. Später studierte er bei Rabbi Jehoshua Leib Diskin (Maharil Diskin) in Schklov. 1889 übernahm er für fast 50 Jahre lang das Rabbinat der chassidischen Gemeinde in Dvinsk, wo auch sein nicht-chassidischer Amtskollege Rabbi Meir Simcha Rabbiner war. Sie dienten parallel fast 40 Jahre lang und genossen hervorragende Beziehungen.

______________________________________________________________________________

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

______________________________________________________________________________

Copyright © 2024 by Verein Lema’an Achai / Jüfo-Zentrum.

Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.ch und www.juefo.com

Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor und Verein Lema’an Achai / Jüfo-Zentrum.

Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: info@juefo.com für Fragen zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.

Wir benötigen Ihre Hilfe

Der Verein Lema’an Achai ist eine non-profitable Organisation. Unsere Einnahmen rekrutieren sich ausschliesslich von Sponsoren. Deshalb sind wir um jede Spende dankbar.

Accessibility