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Elul/ Paraschat Ki Tawo
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Die zweifache Persönlichkeit des jüdischen Monarchen (Paraschat Schoftim 5784)

Welcher grundlegende Unterschied besteht zwischen dem König und allen anderen Menschen?

Welcher grundlegende Unterschied besteht zwischen dem König und allen anderen Menschen?
Foto: AI free sharing

Wochenabschnitt Paraschat Schoftim: Die zweifache Persönlichkeit des jüdischen Monarchen

Rav Frand zu Paraschat Schoftim 5784

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt , finden Sie hier

In Paraschat Schoftim spricht die Tora über die Mizwa des Ernennens eines Königs. Offensichtlich kann eine Monarchie eine optimale Form der Regierung sein – angenommen natürlich, dass die richtige Person die Stelle innehat. Der König darf nicht korrupt sein. Er muss g”ttesfürchtig sein. Obwohl es in der Geschichte von Klall Jisrael Könige gab, die schrecklich waren, befürwortet die Tora theoretisch die Ernennung eines Königs, falls es auf richtige Weise getan wird.

Obwohl jeder Jude eine unabhängige Mizwa hat, eine eigene Sefer Tora (Tora-Rolle) zu schreiben, hat der König eine spezielle Mizwa, eine zweite Sefer Tora zu schreiben (zusätzlich zur ersten Sefer Tora) (siehe Dewarim 17:18). Die Gemara (Talmud Sanhedrin 21b) sagt, wie es auch Raschi hier zur Stelle zitiert, dass der König eine seiner Sifrej Tora in seinem persönlichen Haus (seinem Palast) aufbewahren musste, während die zweite Sefer Tora ihn überallhin begleitete. Viele Tora-Kommentatoren diskutieren darüber, warum der König diese zweite Sefer Tora immer mit sich führen musste, wenn er in der Öffentlichkeit erschien.

In früheren Jahren haben wir ein wunderschönes Dwar Tora erwähnt, das in einem Sefer Ner Usiel von Raw Usiel Milevsky s”l (und auch an anderen Stellen) gebracht wird. Normalerweise gibt es eine Faustregel, die besagt, dass jeder Jude so leben sollte, dass “sein Inneres so wie sein Äusseres sein sollte “. Ein Mensch sollte nicht auf eine Weise im privaten Leben und auf eine andere Weise in der Öffentlichkeit leben. Natürlich erlauben wir uns, zuhause etwas legerer zu sein. Menschen müssen zuhause nicht immer ihre Jacke und Krawatte tragen, nur weil sie so in der Öffentlichkeit erscheinen. Seine Middot (Charaktereigenschaften), seine Persönlichkeit, sein religiöses Verhalten und seine Haschkafot (seine Ansichten über das Leben), sollten jedoch zuhause und in der Öffentlichkeit übereinstimmen. Dies ist der Standard für jeden Juden ausser dem König.

Der König muss ein anderes Verhalten ausserhalb des Palasts haben als im Palast. Im Palast muss er wie jeder andere Jude Bescheidenheit üben. Er muss nachsichtig sein und verzeihen können. Der öffentliche König kann jedoch diese Rolle nicht ausüben. Er muss seine Autorität behaupten und von der Öffentlichkeit eine gewisse Ehrfurcht und Ehrerbietung erwarten. Ausserhalb seines Hauses muss er ein gewisses Auftreten aufrechterhalten, das ganz anders sein mag als sein natürliches Verhalten, wenn niemand um ihn herum ist.

Der jüdische König hat also eine zweifache Persönlichkeit – eine als König im Palast und eine andere als König, der eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens ist. Deshalb benötigt er zwei Sifrej Tora. Er benötigt eine Sefer Tora bachuz (draussen) und eine Sefer Tora bifnim (drinnen). Die Sefer Tora, die er in seinem privaten Besitz hat, lehrt ihn, bescheiden zu sein und auf vieles verzichten zu können – all die Dinge, die die Mussar-Sefarim uns lehren. Wenn er hinausgeht, benötigt er jedoch diese zweite Tora, die ihn daran erinnert, seine Handlungen mit einer gewissen Präsenz, einer Art Stolz und einer gewissen Unversöhnlichkeit zu führen, falls die Situation dies erfordert.

In Paraschat Wajelech, wenn Mosche die Führung Klall Jisraels an Jehoschua übergibt, steht im Passuk: “Und Mosche rief Jehoschua zu sich und sagte zu ihm vor den Augen von ganz Klall Jisrael: “Chasak weEmaz!” – sei stark und mächtig!” (Dewarim 31:7). Es besteht eine gewisse Zweideutigkeit, wie dieser Passuk punktiert werden sollte. Ich glaube, dass die meisten Leute annehmen, dass das Komma nach “vor den Augen von ganz Klall Jisrael” steht. In anderen Worten, die Betonung der Botschaft ist eine umfassende Erklärung – “Chasak weEmaz!” Der Trop (Teamim, Betonungszeichen, Satzzeichen und melodische Motive in der liturgischen Rezitation auf oder unter den Wörtern) “le‘Einej kol Jisrael Chasak weEmaz” ist jedoch ‘munach sarka munach segol’. Deshalb ist es richtig, den Passuk wie folgt zu lesen “in den Augen von ganz Klall Jisrael sei stark und mächtig” – was bedeutet, dass das Komma den Worten “Wajomer ejlav – er sprach zu ihm” folgt. Somit ist die Anordnung “sei stark und mächtig” von den vorangehenden Wörtern bedingt. Nur vor den Augen von ganz Jisrael sollst du (der König) stark und mächtig handeln. Jehoschua, jetzt, da du der Führer bist, kannst du nicht länger als der bescheidene Jehoschua handeln, der das Bejt Hamidrasch (Lehrhaus) säuberte, den Boden fegte und die Stühle ordnete! Vor den Augen von Klall Jisrael darfst du nur Stärke und Heldenmut zeigen. Dies ist die Aufgabe des jüdischen Königs.

Es ist sehr schwierig, diese Ausgeglichenheit zu erreichen. Die meisten Leute, die draussen mit Stärke und Arroganz handeln, denken, dass sie auch der König sind, wenn sie in ihr privates Heim eintreten (bis die “Königin” ihnen sagt: ‘nicht hier’).

Ich sah einen wunderschönen Kommentar des Chatam Sofer: Als David Hamelech das Königtum seinem Sohn Schlomo (Salomon) übergab, wie tat er dies? Der Passuk in Melachim I (1:33) sagt wie folgt: “Der König sagte zu ihnen: ‘Nehmt die Diener eures Herrn und hebt meinen Sohn Schlomo auf meinen Maulesel…'” Die Diener sollten den persönlichen Maulesel des Königs nehmen und Schlomo erlauben, darauf zu reiten. Das allgemeine Protokoll eines Königtums ist, dass niemand das Zepter des Königs und niemand die Transportart des Königs verwenden darf. Die Air Force One, lehawdil elef hawdalot, ist einzig für die Verwendung des Präsidenten der USA reserviert. Kein anderer verwendet sie. Wenn jemand Präsident wird, erhält er die Air Force One. In biblischen Zeiten war der Maulesel des Königs vergleichbar mit der Air Force One. Dies fiel mir nie auf, wenn ich den Passuk (Vers) las, aber der Chatam Sofer bemerkt, dass der König auf einem Pferd, nicht auf einem Maulesel reiten sollte! Ein Pferd ist ein wunderschönes Tier, besonders ein königliches Pferd wie ein Vollblutpferd. Es ist ein wunderschönes Tier. Die Tora spricht über “das Pferd von Pharao und seinen Wagen”. Pharao ritt nicht auf einem Esel.  Er ritt auf einem Pferd!

Was war jedoch Awraham Awinus Transportmittel? Was wird Maschiachs Transportmittel sein? Ein Esel! Ein Esel hat nicht den Glanz und Status eines Pferdes. Dies jedoch ist die jüdische Vision von Maschiach – ein armer Mann, der auf einem Esel reitet! Was ist ein Maulesel? Ein Maulesel ist das Produkt einer Paarung eines Pferdes mit einem Esel. Dies ist der Grund, warum David Hamelech einen Maulesel verwendete. Der jüdische König muss den Hochmut des Pferdes haben, aber der Hochmut muss mit der Bescheidenheit eines Esels gemässigt werden. Wie erreicht er dies? Er reitet auf der Synthese (Kreuzungsprodukt) eines Pferdes und eines Esels. Dies war laut dem Chatam Sofer der Grund, warum David einen Maulesel verwendete und diesen auch als das Mittel für die Übergabe der Macht an den nächsten jüdischen König – seinen Sohn Schlomo – wählte. Der Maulesel bezeugt die Dualität, die Synthese der Persönlichkeiten, die ein jüdischer König besitzen muss. Er muss wissen, wann er der ‘Ba’al Ga’awa’ (Stolze) und wann er der ‘Anaw’ (Bescheidene) sein muss. Deshalb ist die angemessene Art des Transports der “Maulesel, der mir gehört”.

(Anmerkung des Herausgebers: Gemäss dieser Erklärung, fragt sich, warum dann Maschiach (der gesalbte König) nicht auf einem Maulesel kommen wird? Möglicherweise wird sein bescheidener Auftritt genügen, um die Welt zu beherrschen, da seine Weisheit und g-ttliche Eingebung übermächtig sein wird.)

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • Chatam Sofer (1762-1839) [Rabbi Mosche Sofer / Schreiber]; Pressburg/Bratislava, Slowakei. Rosch Jeschiwa und einer der führenden Rabbiner des 19. Jahrhunderts. Er schrieb zahlreiche Werke, wie acht Bände Responsen, 18 Bände Erklärungen zum Talmud, Kommentare zur Tora, Briefe, Gedichte und ein Tagebuch. Die meisten Werke tragen den Namen „Chatam Sofer“.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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