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Elul/ Paraschat Ki Tawo
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Das Geheimnis des Überlebens des jüdischen Volkes (Paraschat Ejkew 5784)

Was führt zum Erwerb des himmlischen Segens?

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Foto: AI free sharing

Wochenabschnitt Paraschat Ejkew: Das Geheimnis des Überlebens des jüdischen Volkes

Rav Mordechai Kamenetsky zu Paraschat Ejkew 5784 – Beitrag 1

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt , finden Sie hier

Die dieswöchige Parascha wird Ejkew genannt, da der Wochenabschnitt mit den Worten “Wehaja Ejkew Tischme’un…” beginnt. Einfach übersetzt, bedeutet dies: “Und ‘ejkew-dafür’, dass ihr hören werdet…”. Die Tora verspricht ihre Fülle von Berachot (Segen) für die jüdische Nation. Haschem wird dich beschützen, lieben, deine Kinder und deine Herden segnen, alle Krankheiten entfernen, etc. – insgesamt fünf Pessukim (Verse), die alle verschiedene Berachot enthalten. Es gibt jedoch einen Vorbehalt. Diese Berachot werden nur unter einer Bedingung verliehen – Ejkew tischme’un, dafür, dass ihr auf das Wort des Allmächtigen hört und seine Gebote erfüllt. Raschi, der sich in der Regel auf einfache Erklärungen konzentriert und nur bei Abweichungen von der hebräischen Terminologie eine zusätzliche Erklärung bringt, weicht hier von seiner Regel ab. In seinem Kommentar zu Beginn der Parascha übersetzt er das Wort ‘Ejkew’ auf einer gänzlich abweichenden Art, als die einfache Erklärung. Er erklärt, dass das Wort als ‘Ferse’ übersetzt werden sollte. So erklärt er den Passuk in einer homiletischen Weise. “Wenn ihr selbst auf die leichten Mizwot, die der Mensch mit seiner Ferse niedertritt, hört, dann werden die Verheissungen von Haschem die Folge sein.”

Viele Kommentatoren stellen diese Frage: Raschi’s gewöhnliche Vorgehensweise ist es, zuerst einen Passuk gemäss seinem Pschat (der einfachen Erklärung) zu erklären; danach erläutert er oft den Passuk gemäss einem Midrasch. In diesem Fall verwendet Raschi nur die Erklärung des Midrasch Tanchuma zur Stelle. Warum?

Raw Elijahu Lopian sammelte Geld für seine Jeschiwa in England. Einst besuchte er einen der reichsten Juden Englands. Der Mann war dafür bekannt, jeder Jeschiwa oder jedem Rabbiner, der um Spenden bat, Geld zu spenden. Der Mann selbst war jedoch nicht religiös. Ausser seiner Verehrung von Rabbinern und Unterstützung für Jeschiwot hatte der Philanthrop kaum eine Verbindung zu etwas Jüdischem.

Raw Lopian besuchte den Mann als Zeichen seines Respekts, beschloss jedoch, ihn nicht um eine Spende zu bitten. Als er in seiner luxuriösen Villa ankam, wurde Raw Lopian warm begrüsst; es wurde ihm eine Tasse Tee angeboten, und er wurde ins Wohnzimmer des Mannes hineingeführt. Raw Lopian kam schnell zum Punkt: “Ich sehe, dass Sie kein religiöser Jude sind. Ihre Grosszügigkeit für Jeschiwot und Rabbiner ist jedoch allgemein bekannt. Können Sie mir vielleicht dieses Phänomen erklären?”

Der Mann lehnte sich zurück und begann seine Erzählung. “Meine Eltern waren sehr reich und auch religiös. Ich war sehr aufrührerisch. Sie wollten unbedingt, dass ich in die Jeschiwa des Chafez Chajim in Radin studieren gehen sollte. Ich war daran nicht interessiert, aber ich erklärte mich einverstanden, bei den Leitern der Jeschiwa eine Prüfung abzulegen. Ich fiel dabei gänzlich durch und war sehr glücklich darüber. Ich hatte jedoch eine Bitte. Es war schon spät und ich musste in Radin übernachten. Ich fragte, ob ich an diesem Abend im Schlafsaal der Jeschiwa übernachten dürfe. Der Rabbiner, der mich geprüft hatte, wusste nicht, wie er antworten sollte. Ich glaube, er befürchtete, mich sogar nur eine Nacht in der Jeschiwa zu haben, und ich konnte ihm dafür keinen Vorwurf machen. Wir gingen gemeinsam und er beriet sich mit dem Chafez Chajim.

Der Chafez Chajim erklärte uns beiden: “Ein Junge, der nicht ein Jahr lang im Schlafsaal bleiben kann, kann auch nicht eine Nacht dort sein. Das heisst jedoch nicht, dass er nicht in meinem Haus übernachten kann.” Der Chafez Chajim nahm mich zu sich nach Hause. Er servierte mir Essen, wie wenn ich der wichtigste Besucher der Welt wäre. Er machte mir ein Bett bereit und stellte sicher, dass ich schlafen ging. Einige Stunden später, in der Nacht, hörte ich, wie die Tür zum winzigen Zimmer aufging. Der alte Mann murmelte vor sich hin: “Oh, es ist zu kalt hier. Was soll ich tun?” Dann zog er seine Jacke aus und deckte mich damit zu. Es war vielleicht nicht die geistigste Tat, die er je tat, aber ich kann Ihnen eine Sache sagen: Diese Jacke wärmt mich noch immer, wenn ich alte Rabbiner sehe!

Raschi macht uns vielleicht keine Vorwürfe. Er erzählt uns nur das Geheimnis des geistigen Überlebens. Er gibt uns die Formel, die das Geheimnis der Existenz der Juden und deren Fortbestehen sein mag. Es sind die kleinen Dinge, die zum Segen führen. Es sind die Mizwot, die wir leicht vergessen. Diejenigen, die wir mit unserer Ferse zertrampeln.

Es gibt gewisse Mizwot, auf die jeder, der stolz auf sein Judentum ist, nicht verzichten würde. Jom Kippur und Pessach stehen hoch oben auf der Liste. Mesusa und Koscheressen stehen auch weit oben. Aber es gibt zu viele andere, die niedergetreten werden. Raschi erklärt den Passuk damit, dass wenn die kleinen Mizwot ignoriert werden, es nicht lange dauern wird, bis die grossen Mizwot sich den kleinen auf ihrem Weg zur Vergessenheit anschliessen. Die Tora verspricht uns die Fülle ihrer Berachot, wenn wir die Mizwot erfüllen. Raschi gibt uns jedoch eine Lektion für eine Zusicherung der Kontinuität. Raschi erklärt uns den einfachen Pschat (die einfache Bedeutung)! Tretet nicht auf die kleinen Mizwot. Erfüllt die Mizwot, die jeder zu vergessen neigt. Wenn diese Fersen-Gebote als wichtig betrachtet werden, werden alle Mizwot letztendlich erfüllt werden. Dies ist kein metaphorischer Diskurs. Es ist Tatsache! Es ist das Geheimnis der Existenz und das Fortbestehen des jüdischen Volkes!

Die obenerwähnte Geschichte, die von Rabbi Y. Rottenberg erzählt wurde, wurde in Scha’arei Armon auf die Jamim Nora’im gedruckt. Tvuna Pub. Israel, 1993.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Midrasch Tanchuma: Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch. Wird nach dem Amora (Talmudgelehrten) Rabbi Tanchuma Bar Abba benannt, da er am häufigsten in diesem Midrasch zitiert wird. Er war ein jüdischer Amora der 6. Generation, einer der bedeutendsten Aggadisten seiner Zeit.
  • Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • Chafez Chajim: (1838-1933): Rabbi Jisrael Me’ir HaKohen von Radin. Autor grundlegender Werke zu jüdischem Recht und jüdischen Werten (Halachah, Haschkafah und Mussar), wie die Werke ‚Mischna Berura‘, ‚Chafez Chajim‘, ‚Schmirat Halaschon‘, Machaneh Israel etc. Einer der prominentesten Führer des orthodoxen Judentums vor dem 2. Weltkrieg. 
    Er war ein Pionier mit seinen Werken. Im Jahr 1873, im Alter von fünfunddreissig Jahren veröffentlichte er anonym sein erstes Werk, ‘Chafez Chajim’, in dem er klare religiöse Vorschriften gegen Üble Nachrede, Verleumdung und Klatsch (hebr. Laschon Hara) formuliert. Der Titel kann mit ‘der das Leben will’ übersetzt werden und stammt aus Tehilim/Psalm 34,13–14: „Wer ist der Mann, der Leben begehrt (haChafez Chajim), der sich Tage wünscht, an denen er Gutes schaut? Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, dass sie nicht betrügen“. Der Chafez Chajim legte grossen Wert auf die Einhaltung dieser Gesetze und verfasste auch ein Morgengebet dazu. In einem zweiten Buch, ‘Schmirat haLaschon’, veröffentlichte er 1876 eine Fortsetzung mit ethisch-moralischen Erklärungen der Wichtigkeit dieser Gesetze.
    Sein bekanntestes, heute weit verbreitetes und im aschkenasischen Judentum als massgeblich anerkanntes Werk ist sein sechsbändiger Kommentar zum Schulchan Aruch, Teil ‘Orach Chajim’: ‘Mischna Berura’ (deutsch ‘Klare Lehre’ 1884–1907), an dem er, unterstützt von seinem Sohn und seinen Schwiegersöhnen, rund fünfundzwanzig Jahre gearbeitet hat. Der Mischna Berura kommentiert den Teil Orach Chajim des Schulchan Aruch Satz für Satz. Der Schulchan Aruch wurde von Rabbi Josef Karo (Zefat/Safed 1488-1575), verfasst, mit den Anmerkungen von Rabbi Mosche Isserles, (Krakau 1520-1572); bekannt mit dem Akronym ‘Rem’a’.

  • Raw Eljahu Lopian (1876-1976), Maschgiach (geistiger Leiter) von Jeschiwot in Chelm (Litauen), London und Kefar Chassidim (Israel).

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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