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Elul/ Paraschat Ki Tawo
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Anfänge sind wichtig (Paraschat Chukat 5784)

Muss die rote Kuh nach Verletzungen untersucht werden?

Muss die rote Kuh nach Verletzungen untersucht werden?
Foto: AI Avigail

Wochenabschnitt Paraschat Chukat: Anfänge sind wichtig

Rav Frand zu Paraschat Chukat 5784 – Beitrag 1

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt , finden Sie hier

Paraschat Chukat befasst sich mit den Gesetzen der Para Aduma (roten Kuh). “Diese (rote Kuh) sollt ihr El’asar, dem Kohen (Priester) übergeben; er führe sie aus dem Lager hinaus und jemand soll sie in seiner Anwesenheit schächten” (Bamidbar 19:3). Die Para Aduma musste geschlachtet werden, genauso wie jedes Opfertier. Anschliessend an einer ganzen Prozedur wurde die Para Aduma verbrannt. Danach wurde die Asche durch einen reinen Mann eingesammelt.

Wer einen Toten, den Leichnam irgendeines Menschen berührt, wird sieben Tage (geistig) unrein. Er darf weder Heiliges (wie Fleisch von Opfer oder Früchte von Terumot des Kohen) essen, noch das Heiligtum (Mischkan und Bejt Hamikdasch oder deren Hof) betreten. Sein Status ist ein ‘Tamej Met’ (durch einen Toten verunreinigte Person). Wie kann diese Person wieder rein werden?

Der Verlauf der Reinigung von der Tumat HaMet (geistige Unreinheit infolge des Kontaktes mit einem Toten) geht einher mit dem Sprengen von lebendigem Wasser (Quellwasser), das in einem Gefäss mit ein bisschen der eingesammelten Asche vermischt wurde, auf die unreine Person, am dritten und siebten Tag, nach seiner Verunreinigung. Danach geht er in die Mikwe und am Abend des siebten Tages ist er wieder rein.

Heute, nachdem es keine Asche einer Para Aduma gibt, haben wir alle den Status eines ‘Tamej Met’. Wie der Ramban in der dieswöchigen Parascha schreibt: “Wir werden uns von der Tumat HaMet bis zum Kommen unseres gerechten Maschiach (Gesalbten) nicht reinigen können; möge er doch schnell in unseren Tagen kommen.”

Der Targum Jonatan gibt einen sehr interessanten Kommentar zum oben zitierten Passuk “und jemand soll sie (die rote Kuh) in seiner Anwesenheit schächten”. Er schreibt, dass nachdem die Para Aduma geschächtet wurde, er diese Kuh, bevor er mit ihrem Verbrennen beginnt, er zuerst prüfen muss, ob sie nicht ‘Trejfe’ ist. Das heisst, ob das Tier nicht an einem der physischen Probleme leidet, die ein Tier trejfe (unkoscher) machen. Die Mischna (Traktat Chullin 3:1) beschreibt 18 Arten von Gebrechen oder Verletzungen, die ein Tier trejfe machen. Wie z.B.: Wenn die Speiseröhre ein Loch hat, die Luftröhre auseinandergerissen ist, die Gehirnhaut ein Loch hat, das Herz nach einer Herzkammer hin durchlöchert ist, das Rückgrat gebrochen ist, das Rückenmark durchgerissen ist, die Leber gänzlich fort ist, die Lunge ein Loch hat oder etwas von ihr fehlt, etc.

Heute überprüfen wir nur, ob es kein Loch in der Lunge hat, aber wir untersuchen nicht die übrigen physischen Leiden, die in der Mischna aufgelistet sind. Wir verlassen uns auf das halachische Prinzip von “Row” (Mehrheit), und wir nehmen an, dass das Tier koscher ist, da die Mehrheit der Tiere keine dieser Leiden hat.  Ausser bei der Lunge, da dort viele Tiere irgendein Problem haben.

Der Kommentar des Jonatan ben Usiel scheint problematisch zu sein, weil der Talmud genau das Gegenteil erklärt. Der Talmud (Traktat Chullin 11a) sucht Beweise für das halachische Prinzip des sich Verlassens auf “Row” (die Mehrheit). Der Talmud bringt einige Beweise aus der Tora. Eine der Beweise ist von der Para Aduma. Der Talmud sagt, dass bei der Para Aduma steht ‘weschachat – er soll schächten’, gleich danach steht ‘wessaraf – er soll verbrennen’, so wie die Kuh beim Schächten vollkommen ist, so muss sie auch beim Verbrennen vollkommen sein. Das bedeutet, dass sie vor dem Verbrennen nicht zerschnitten oder gelöchert werden darf (um das Innere zu kontrollieren). Anderseits ist die Halacha das die Para Aduma nicht ‘trejfa’ sein darf, sie muss zwingend koscher sein! Wie ist das möglich? Sie darf ja nicht zerschnitten werden, um sie zu kontrollieren? Von dem leitet der Talmud   das halachische Prinzip des sich Verlassens auf “Row” (die Mehrheit) ab, da die meisten Tiere nicht ‘trejfa’ sind.  Dieser Entscheid des Talmuds scheint dem Targum Jonatan zu widersprechen, der sagt, dass sie sich nicht auf die Mehrheit verliessen, sondern alle 18 möglichen Trejfot bei der Para Aduma kontrollierten!

Ich sah im Sefer ‘Jissmach Jehuda’, dass dies kein Widerspruch ist. Der Targum Jonatan ben Usiel will nur sagen, dass als sie die allererste Para Aduma in der Wüste schlachteten, sie diese gänzlich um alle 18 Trejfot untersuchen mussten, dass sie jedoch in späteren Generationen, wenn sie andere Parot Adumot machten, diese nicht kontrollieren mussten, weil sie sich auf das Prinzip der Mehrheit verliessen. Die Gemara in Chullin spricht über alle anderen Parot Adumot in allen Generationen; der Targum Jonatan spricht nur über die allererste Para Aduma, die vor El’asar Hakohen geschlachtet wurde.

Was ist jedoch der Unterschied?

Wir befinden uns im Monat Juli; es ist noch vor dem Fasttag des 17. Tamus. Wir befinden uns deshalb inmitten der Hochzeitssaison, was dementsprechend bedeutet, dass wir uns in der Haupt-Schewa-Berachot-Saison befinden. Barmizwot gibt es während des ganzen Jahres. Das Folgende ist eine bedeutende Betrachtung für jemanden, der bei einer Schewa Berachot, bei einer Barmizwa, einer Chanukat Habajit (Einweihung eines neuen Hauses), oder irgendeinem anderen Meilenstein eines neuen Status im Leben sprechen muss.

Die Bedeutung der Lehre des Targum Jonatan ben Usiel ist tiefgreifend. Warum mussten sie die allererste Para Aduma so umfassend kontrollieren, um sicherzustellen, dass sie hundertprozentig koscher ist? Es ist, weil Anfänge sehr wichtig sind. Das erste Mal, an dem jemand etwas tut, gibt den Ton für alle nachfolgenden Wiederholungen dieser Aktivität an. Dies ist der Grund, warum die Tora zum Beispiel sagt, dass wenn ein Mensch heiratet, er ein Jahr lang für sein Haus frei sein soll, um seine Frau zu erfreuen (Dewarim 24:5). Es gibt eine spezielle Halacha in der Tora namens “Schana Rischona” (das erste Jahr der Ehe). Deswegen ist es ein verbreiteter Brauch – und ich bin der Meinung, dass es ein sehr guter Brauch ist – dass viele Leute (obwohl sie nicht beabsichtigen, für eine längere Periode ganztags zu lernen), die Ehe damit beginnen, dass der Mann zumindest das erste Jahr im Kollel lernt. Anfänge sind wichtig.

Deshalb ist es auch sehr wichtig, eine Barmizwa richtig zu machen. Ich sah einen interessanten Brauch im obengenannten Sefer Jissmach Jehuda. Meist führt der Barmizwa-Junge – bei seiner Barmizwa Seudat Mizwa (das Festessen am Tag des 13. Geburtstags des Jungen) – das Birkat Hamason (Benschen) an. Er spricht das Birkat Hasimun (‘vorbenschen’) In gewisser Hinsicht ist dies seine “erste Mizwa”. Bis jetzt konnte er nicht ‘vorbenschen’. Dies ist seine erste Gelegenheit, dies zu tun, und er nützt diese Gelegenheit aus. Gemäss der Halacha wird Birkat Hasimun (bei mindestens drei Leuten) “al haKos”, mit einem Becher Wein, durchgeführt. Der Mann, der das Birkat Hasimun spricht, sagt nach dem Benschen die Beracha Borej Peri Hagafen auf den Becher Wein. Die Halacha erfordert, dass er zumindest ‘kiMelo Lugmaw’ (so viel, wie eine Backe voll) des Weines zu sich nimmt, nachdem er die Beracha gesagt hat (so wie bei jedem Kos schel Beracha, wie z.B. Kiddusch und Hawdala). Der Belser Zaddik sZl. (Rabbi Aharon von Bels), hatte jedoch den Brauch, dass wenn ein Barmizwa-Junge zum ersten Mal an seiner Barmizwa ‘vorbenscht’, er darauf beharrte, dass der Junge den ganzen Becher Wein trinken soll. Er sollte es vollkommen tun! Dies ist sein erstes ‘Vor-Benschen’. Er soll es auf optimale Weise tun.

Anfänge sind sehr wichtig. Sie sind die Grundlage von allem, was danach kommt – sei es der Beginn einer Ehe, der Beginn eines Lebens von Mizwot, oder der Beginn der Einführung der Para Aduma. Was immer es ist, Anfänge sind immer wichtig und sie sollten gemäss dem behandelt werden.

Quellen und Persönlichkeiten:

Jonatan ben Usiel  war einer der 80 Tanna’im (Mischna-Gelehrte), die während der Zeit des römisch regierten Judäa bei Hillel studierten. Er war der Grösste aller Schüler Hillels. „Es wurde auf Jonatan ben Usiel gesagt, dass jedes Mal, wenn er sich hinsetzte, um sich mit der Tora zu befassen, jeder Vogel, der über seinem Kopf schwebte, durch seine Worte verbrannt wurde (Raschi: Weil sich die Engel um ihn scharten, um die Worte der Tora von ihm zu hören)“ [Talmud Traktat Sukka 28a]. Der Talmud [Traktat Megila 3a] erklärt, dass er eine aramäische Übersetzung der Propheten anfertigte, die noch heute erhalten ist. Es wird nicht erwähnt, dass er die Tora übersetzt hätte. Daher sind sich die Gelehrten darin einig, dass dieser Targum nicht von Jonatan ben Usiel stammt, obwohl er so genannt wird.  Sein Grab in Amuka wird rege besucht. Viele unverheiratete Männer und Frauen kommen hin und beten dort für einen guten Ehepartner.

Ramban: Rabbi Mosche ben Nachman – “Nachmanides” (1194 – 1270); Gerona, Spanien; Erez Jisrael; einer der führenden Toragelehrten (Rischonim) des Mittelalters, einer der Haupterklärer des Chumasch (fünf Bücher Moses), wie Verfasser weiterer Werke in Haschkafa (Kitwej haRamba“n) und Abhandlungen zum Talmud.

Rabbi Jizchak Jehuda Jacobowitz, zeitgenössischer grosser Talmudgelehrte, Lakewood, NJ, USA. Verfasser von unzähligen Werken unter dem Namen ‘Jissmach Jehuda’. Umfassendes Werk zum Chumasch, gesammelt von hunderten Werken früherer Rabbiner und Gelehrte, die es in verschiedenen Werken, nicht zum Chumasch, publizierten. Weitere Werke zum Talmud, diverse philosophische wegweisende Werke, etc.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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