Kislew/ Paraschat Wajeschew
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Ja’akow versus Ejsaw durch die ganze Geschichte hindurch (Paraschat Wajischlach 5786)

Irrationaler Hass!
Foto: AI Avigail

Ja’akow versus Ejsaw durch die ganze Geschichte hindurch

Rabbi Berel Wein zu Paraschat Wajischlach 5786

mit Ergänzungen von S. Weinmann

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Viele Kommentatoren in verschiedenen Zeitaltern haben in den zwei Konfrontationen zwischen Ja’akow und Ejsaw – zuerst das Ringen mit Ejsaws Engel und dann das persönliche Treffen mit Ejsaw – den Zweifrontenkrieg gesehen, den das Judentum und das jüdische Volk über Jahrtausende hinweg zu kämpfen gezwungen war, um einfach überleben zu können.

Der Kampf mit Ejsaws Engel, wie er in der Parascha beschrieben wird, verkörpert einen geistigen und intellektuellen Kampf, einen Wettkampf von Ideen und Überzeugungen und Streitgespräche. Das Treffen mit dem körperlichen Ejsaw stellt wiederum den Kampf des jüdischen Volkes dar, in einer fanatischen, grausamen und tödlichen Umwelt am Leben zu bleiben.

Ja’akow entkommt beiden Konfrontationen nicht unversehrt. Er wird physisch verletzt und finanziell weniger begütert. Ejsaws "Ajin Hara - böser Blick" starrt seine Kinder an, aber Ja’akow ist erleichtert, mit dem Leben davonzukommen - wenn auch körperlich und finanziell beschädigt - während er sich von Ejsaw physisch und auch von dessen Kultur und Weltanschauung trennt.

Das Szenario ist ziemlich festgelegt für die lange Revue der jüdischen Geschichte, wobei die Juden immer versuchen, in einer ständig herausfordernden und brutalen Gesellschaft, die von Ejsaw regiert wird, zu überleben. Die Weisen des Midrasch diskutieren über die Möglichkeiten der Koexistenz und sogar einer Kooperation mit Ejsaw.

Obwohl diese Debatte zu keiner permanenten oder überzeugenden Schlussfolgerung führte, scheint die Meinung von Rabbi Schimon bar Jochai (wie Raschi zitiert), dass Ejsaws Hass gegenüber Ja’akow gänzlich irrational und logisch unerklärlich ist, sich durch die vergangene und gegenwärtige Geschichte bewahrheitet zu haben. Der Antisemitismus in der heute scheinbar aufgeklärten Welt ist so weit verbreitet, dass es beängstigend ist. Und wir scheinen machtlos zu sein, etwas dagegen unternehmen zu können.

Was für alle in schmerzhafter Weise offensichtlich ist, ist, dass diese Kämpfe für eine anhaltende jüdische Existenz andauern und scheinbar endlos sind. Alle fremden Gedanken und gegenwärtigen Modeerscheinungen der westlichen Gesellschaft sind fast einstimmig gegen die Tora-Werte und einen traditionellen Lebensstil eingestellt. Der Engel von Ejsaw verändert sein Programm von Zeit zu Zeit, aber er stellt sich permanent gegen die Tora und ein moralisches Verhalten.

Er schwankt von einem totalitären extremen Konservatismus zu wildem Liberalismus, ist jedoch immer fähig, die jüdische Psyche und ihren Körper zu verletzen, welche Philosophie oder Kultur er im Moment auch befürwortet. Wir erschlaffen heute durch diesen Angriff auf die jüdischen Werte, das Toralernen und deren Ausübung.

Jüdische Eltern in Amerika klagen Schulausschüsse wegen antisemitischen Haltungen, Massnahmen und Verhalten an. Und doch würden sie nicht davon träumen, ihre Kinder in eine jüdische Schule zu schicken oder ihnen eine intensive jüdische Ausbildung zu verschaffen. Dieses Klagen ist das Kennzeichen des Hinkens, das uns von Ejsaws kulturellem Engel zugefügt wurde.

Alle sind sich einig, dass Europa gegenwärtig, was die Juden betrifft, ein verlorener Kontinent ist. Die häufigste Frage, die von Juden heute an Reisebüros gestellt wird, ist "Kann ich dort auf der Strasse ein Käppchen tragen?" Jüdische Wertschätze im Wert von Milliarden von Dollars, die während dem Zweiten Weltkrieg und danach geplündert wurden, befinden sich immer noch in den Händen von Ejsaw.

Und doch würden wir sicherlich zufrieden sein, wenn die Welt uns nur in Ruhe lassen würde; dies scheint jedoch eine aussichtslose Hoffnung zu sein. So geht unser Kampf weiter, aber Haschems Versprechen an uns, dass wir irgendwie überleben werden, bleibt gültig und wahr. Und dies ist unsere Hoffnung für ein Weitermachen als loyale und standhafte Juden.                  Gut Schabbes!

Jehi Sichro Baruch – Möge sein Andenken zum Segen sein.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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