Elul/ Paraschat Ki Teze
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Krieg und Frieden (Paraschat Ki Teze 5785)

Mit Amalek & Co. gibt es keinen Frieden

Mit Amalek & Co. gibt es keinen Frieden
Foto: AI Avigail

Krieg und Frieden

Rabbi Berel Wein zu Paraschat Ki Teze 5785

Hochaktuell!

[mit Ergänzungen von S. Weinmann]

Die Parascha beginnt mit Krieg und endet mit Krieg. Der erste Krieg, der zu Beginn der Parascha beschrieben wird, ist ein Krieg gegen einen unbekannten, nicht spezifizierten und nicht identifizierten Feind. Es ist ein allgemeiner Krieg, der aus unklaren Gründen und unter unbestimmten Umständen geführt wird. Der zweite Krieg, der am Ende der Parascha beschrieben wird, wird gegen einen bitteren uralten Feind, Amalek, geführt, und ist ein Krieg der Selbsterhaltung. Der erste Krieg ist kein zwingender Krieg. Die Tora leitet ihn mit dem Wort "ki" – wenn, falls – ihr in den Krieg zieht, ein. Der zweite Krieg ist eine der Mizwot in der Tora. Er ist für uns alle obligatorisch. Er soll Israel von den Händen eines Feindes retten, dessen einzige Absicht es ist, uns zu vernichten. Die Kriege unterscheiden sich deshalb nicht nur im Ziel und der Ursache, sondern auch in ihrer Intensität. Im Krieg gegen Amalek streben wir keinen temporären Triumph, sondern eine permanente Errungenschaft an. Wir streben buchstäblich die Austilgung von Amalek an.

Es ist die Erfüllung der biblischen Maxime des Talmuds, dass "wenn einer kommt, dich zu töten, komme ihm zuvor und töte ihn". [Anmerkung des Herausgebers: Dieser Grundsatz steht im Talmud (Sanhedrin 72a). Es geht dort um das Gesetz des „Rodef“ – eines Verfolgers, der eindeutig die Absicht hat, jemanden zu töten. In einem solchen Fall erlaubt (ja verpflichtet) die Tora, den Verfolger auch mit tödlicher Gewalt zu stoppen, falls keine andere Möglichkeit besteht.] In unserer gegenwärtigen Welt der relativen Moralität und dem pazifistischen Wunschdenken, das einem ein gutes Gefühl gibt, gibt diese Mizwa der Vernichtung von Amalek uns ein unbehagliches Gefühl. Wenn wir vielleicht nur mit Amalek vernünftig reden und ihn irgendwie mit einem Entgegenkommen besänftigen würden, würde er sich beruhigen und nett zu uns sein.

Diese Haltung mag im ersten Krieg, der in der Parscha beschrieben wird, gültig sein. In der Tat will die Tora, dass wir immer den Frieden suchen sollten, bevor wir in einen Krieg ziehen [wie es in der vorwöchigen Paraschat ‘Schoftim’ (Dewarim 20:10-14) beschrieben steht: Wenn du dich einer Stadt näherst, um gegen sie Krieg zu führen, sollst du ihr zunächst den Frieden anbieten. Wenn sie dir mit Frieden antwortet und ihre Tore öffnet, soll das ganze Volk, das sich darin befindet, dir tributpflichtig sein und dir dienen. Wenn sie aber keinen Frieden mit dir schliessen will, sondern Krieg mit dir führt, dann sollst du sie belagern. Und wenn der Ewige, dein G-tt, sie in deine Hand gibt, so sollst du alle ihre (erwachsenen) Männer mit der Schärfe des Schwertes schlagen. Nur die Frauen, die Kinder, das Vieh und alles, was sich in der Stadt befindet, ihre ganze Beute, darfst du dir nehmen; und du darfst die Beute deiner Feinde geniessen, die der Ewige, dein   G-tt, dir gegeben hat.] Im Krieg gegen Amalek jedoch wird keine solche Haltung oder Strategie auch nur erwähnt. Es war immer entweder Amalek oder wir, und Sie sind sicher auch der Meinung, dass das jüdische Volk es vorzieht zu überleben, als positive Nachrufe in der Presse der Welt zu erhalten.

]Hochaktuell in der heutigen antisemitischen Welt! [  

Es gibt einen weiteren bedeutenden Unterschied zwischen den Kriegen, die die Tora uns in der Parascha erwähnt. Im ersten Krieg besteht die Gefahr einer Beziehung mit den Frauen des Feindes. Die Tora macht temporäre Konzessionen für diese Situation, obwohl sie klar vor den langfristigen Folgen solch einer Beziehung warnt. Im Krieg gegen Amalek jedoch wird solch eine Möglichkeit oder Situation nicht einmal erwähnt. Der Krieg gegen Amalek ist so eindeutig ein Kampf ums Überleben, dass solch eine Beziehung entfernt liegend oder sogar unmöglich ist. Amalek bittet nicht um Schonung, da er auch für uns keine Gnade kennt.

Es ist der letztendliche Zermürbungskrieg, welcher bestimmt, wer am Ende des Kampfes am Leben bleiben wird. Deshalb schliesst er jegliche Art von sozialen Beziehungen zwischen den Gegnern aus. Amalek hat in unserem jahrtauselangen Kampf gegen ihn verschiedene Namen und Erscheinungen angenommen. Er ist nie permanent besiegt worden, sondern tritt fortwährend in anderer Form und an anderen Plätzen wieder auf. Wir hören seine kämpferischen Prognosen und Prahlereien über unsere Vernichtung – G"tt behüte uns – fast täglich. Wir sollten uns nicht zum Glauben verführen lassen, dass seine Warnungen unaufrichtig sind.

Amalek hat immer das eine Ziel gehabt, uns zu vernichten. Er hat immer einen teilweisen Erfolg gehabt, obwohl er am Ende immer eine endgültige Niederlage erlebt hat. Wir müssen realisieren, dass unser Kampf gegen Amalek ein echter und gefährlicher Kampf ist. Und lasst uns beten, dass der Allmächtige zusammen mit dem Volk Israel Amaleks heimtückische Pläne abermals vereiteln wird.

Lasst uns beten, dass wir – gemeinsam mit dem gesamten Volk Israel – das kommende Jahr in Frieden, Sicherheit und spirituellem Wachstum erleben dürfen; und vor allem die endgültige Erlösung, schnell und in unseren Tagen. Amen. Gut Schabbes!

 

Jehi Sichro Baruch – Möge sein Andenken zum Segen sein.

 

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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