Nissan/ Schemini
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Die Belohnung dessen, der die Kaschrut-Gesetze exakt befolgt (Paraschat Schmini 5785)

Wie behalte ich meine ''Jiddische Neschama'', die mir gegeben wurde?

Die Belohnung dessen, der die Kaschrut-Gesetze exakt befolgt (Paraschat Schmini 5785)

Wie behalte ich meine ''Jiddische Neschama'', die mir gegeben wurde?
Foto: AI Avigail

Wochenabschnitt Paraschat Schmini: Die Belohnung dessen, der die Kaschrut-Gesetze exakt befolgt

Rav Frand zu Paraschat Schemini 5785

Ergänzungen: S. Weinmann

Weitere Artikel zum Wochenabschnitt , finden Sie hier

Am Ende des Abschnitts über verbotene Nahrungsmittel, die am Schluss der Parascha aufgelistet sind, steht im Passuk folgendes: "Denn Ich bin Haschem, Der ich euch aus dem Land Ägypten heraufgeführt habe, um Euer G"tt zu sein; ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig" (Wajikra 11:45). Fragt Raschi, warum steht hier ‘heraufgeführt’ und an allen anderen Stellen in der Tora steht ‘herausgeführt’? Darauf zitiert Raschi die Lehre aus dem Lehrhaus von Rabbi Jischma’el, dass der Passuk sagen will: 'Wenn ich Jisrael nur darum aus Mizrajim geführt hätte, damit sie sich nicht durch Gewürm und Kriechtiere verunreinigen wie die übrigen Völker, so wäre dies genug für sie; denn dies ist eine Erhebung für sie; das bedeutet ‘heraufgeführt’! (Talmud Traktat Baba Mezia 61b). Das bedeutet, dass dies allein schon ein ausreichender Grund dafür war, sie auszulösen.

Es ist schwierig, die Wichtigkeit der Gesetze des Kaschrut genügend darzulegen. Es ist ebenso schwierig, den grossen Schaden für eine jüdische Seele, der ihr durch den Verzehr von verbotenen Speisen zugefügt wird, zu beschreiben. Ich hörte einst, dass Rabbi Berel Wein eine Statistik des Jüdischen Nationalfonds zitierte, dass heute 80% ihres Geldes von nur 10% der jüdischen Bevölkerung kommt. Trotz der Tatsache, dass die Juden dafür bekannt sind, grosszügig zu sein, wäre dies vor 40, 50, 60 oder 80 Jahren vielleicht der Fall gewesen. Heute hat das Verzehren von Schweinefleisch, Schalentieren, Krabben und unsachgemäss geschächtetem Fleisch durch Juden in den letzten fünfzig Jahren seinen Tribut von der jüdischen Seele gefordert. Die "jiddische Neschama" ist wegen der verheerenden Wirkung der verbotenen Speisen nicht mehr dieselbe, wie sie es einst war.

Jedoch habe ich eine Geschichte gelesen, die dieses Thema auf den Punkt bringt! Sie wurde von Rabbi Josef Chajim Sonnenfeld, (Rav von Jeruschalajim), einem Talmid (Schüler) des Ketaw Sofer geschrieben. Rabbi Josef Chajim hörte diese Geschichte von seinem Lehrer dem Ketaw Sofer, der ein Sohn des berühmten Chatam Sofer war, welcher die Geschichte im Namen seines Lehrers, Rabbi Nathan Adler, erzählte. Die Geschichte fand vor rund 230 Jahren - gegen Ende des 18. Jahrhunderts - statt.

Zwei erfolgreiche jüdische Händler wohnten in Pressburg, der Stadt des Chatam Sofer. Sie hatten ihre eigene Flotte von Schiffen, in denen sie die Welt für ihre Import/Export Geschäfte bereisten. Diese Händler wurden einst von den spanischen Behörden vor der Küste von Spanien mit ihren Schiffen voller Handelswaren verhaftet. Zu jener Zeit gab es im Mittelmeer ungezügelte Piraterie, und deshalb war das Schmuggeln sehr verbreitet. Die Juden und ihre Waren wurden in Gewahrsam genommen, weil sie (fälschlicherweise) verdächtigt wurden, dass ihre Waren gestohlen oder geschmuggelt wurden.

Sie wurden in den Hafen von Barcelona gebracht und in Haft genommen, während die Ermittlungen über die Legitimität ihrer Fracht andauerten. Sie hatten jedoch Glück, dass zu jener Zeit die spanische Regierung sehr gute Beziehungen zum österreichisch-ungarischen Reich und dem Kaiser Franz Josef hatten. Aufgrund dieser guten diplomatischen Beziehungen wurden die Juden nicht ins Gefängnis geworfen. Sie wurden sehr respektvoll behandelt, während sie gefangen gehalten wurden. Sie wurden zwei Zollbeamten zugewiesen, die sich um sie kümmern sollten, während die Ermittlungen andauerten. Jeder wurde von einem Zollbeamten nach Hause mitgenommen, um ihnen dort ein Mittagessen zu servieren.

Es bestand jedoch ein Problem. Trotz der Tatsache, dass diese Geschichte rund dreihundert Jahre nach dem Bestehen der Inquisition stattfand, war die Inquisition in Spanien immer noch aktiv. (Erst im Jahr 1834, nach 356 Jahren bestehen, wurde die spanische Inquisition abgeschafft. Am 31. Juli 1826 gab es in Valencia ein letztes Todesurteil der spanischen Inquisition). Gemäss den Bedingungen der Inquisition erhielt jeder Mensch in Spanien, der verdächtigt wurde, ein Jude zu sein, die Wahl, entweder zum Katholizismus zu übertreten oder öffentlich verbrannt zu werden. Die Händler realisierten, dass falls ihre jüdischen Identitäten offenbart würden, sie vor diese schreckliche Wahl gestellt werden würden.

Deshalb hatten sich die Juden so verstellt, dass sie wie Nichtjuden aussehen würden. Wie vorher erwähnt, wurde jeder Händler einem anderen Zollbeamten zugeordnet. Diese Beamten beauftragten ihre Diener, ihnen ein Mittagessen mit Huhn und Wein zu servieren. Der Zollbeamte bemerkte, dass sein Gast leichenblass wurde. Er bat seinen Gast daraufhin, ihm in den Estrich zu folgen. Als sie in den Estrich kamen, sagte er ihm: "Ich sehe, dass etwas nicht in Ordnung ist. Du wurdest leichenblass, als mein Diener dir das Essen brachte. Du bist ein Jude, nicht wahr?" Bevor der Gast eine Gelegenheit hatte, ihm zu antworten, sagte der Beamte weiter: "Hör’ ich bin auch ein Jude." Es stellte sich heraus, dass dieser Zollbeamte ein Nachkomme der Marranen war, die nach aussen hin zum Katholizismus übertraten, um eine Ausweisung aus Spanien zu vermeiden, die jedoch im Geheimen versuchten, ihre jüdische Identität und jüdischen Traditionen beizubehalten. Um ihm dies zu beweisen, schloss er die Tür zum Estrich, hob ein Fussbodenbrett auf und nahm ein glänzendes und scharfes Messer hervor, das für das rituelle Schächten verwendet wird. Er sagte zu seinem Gast: "Das Huhn, das wir essen werden, habe ich persönlich geschächtet. Es ist koscher lemehadrin!"

Der jüdische Händler war verblüfft über die persönliche Haschgacha Pratit (der persönlichen G’ttlichen Zuwendung und Vorsehung), die ihn speziell zum Haus dieses Mannes geschickt hatte. Er ass seine Mahlzeit. Die Ermittlungen kamen zum Schluss, dass mit ihrer Ware kein Problem bestand, und beide Händler wurden freigelassen. Der Jude traf seinen Partner und erkundigte sich über seine Erfahrung. Der zweite Jude war sehr verstört. Er gab zu, dass er nichtkoscheres Fleisch essen musste, um sein Auftreten als Nichtjude zu bewahren. Er bestimmte für sich selbst, dass es sich um eine Frage von Leben und Tod handelte und dass man in solchen Situationen nicht ein Märtyrer sein muss, um nur koscheres Essen einzunehmen. Der erste Jude erzählte seinem Freund: "Dasselbe geschah auch mir, aber ich hatte das unglaubliche Glück, dass ich von einem geheimen Juden heimgenommen wurde, der selbst ein Schochet (Schächter) ist, und ich somit koscheres Essen erhielt."

Der Mann, der das nichtkoschere Fleisch essen musste, war ausser sich, als er diese Geschichte hörte. "Was war meine Sünde, was war meine Missetat, die Haschem dazu führte, dass ich gezwungen wurde, Newejla (Fleisch eines getöten Tieres) zu essen, während Er meinen Partner zu einem geheimen religiösen Juden führte?" Als er nach Pressburg zurückkehrte, ging er zu seinem heiligen Rebbe, dem Chatam Sofer, und erzählte ihm die Geschichte. "Was habe ich in meinem Leben falsch getan, dass ich in eine solche Situation geriet, dass ich nichtkoscheres Essen verzehren musste?"

Der Chatam Sofer antwortete ihm: "Ich habe eine Überlieferung von meinem Lehrer, dem heiligen Gaon Rabbi Nathan Adler, dass wenn ein Mensch nie etwas in den Mund genommen hat, das nur den leisesten Zweifel hatte, verboten zu sein, Haschem garantiert, dass dieser Mensch nie in eine Situation geraten wird, die ihn zwingen würde, etwas zu essen, das verboten ist. Wenn jemand so vorsichtig ist, dass er nie etwas Fragliches in den Mund nimmt, ist die "Mass für Mass-Belohnung", dass Haschem sicherstellen wird, dass er in Wirklichkeit nie etwas Verbotenes essen wird."

Der Chatam Sofer schloss mit den Worten: "Es muss sein, dass du irgendwann in deiner Vergangenheit etwas Verbotenes oder etwas, das irgendeinen Zweifel hatte, ob es verboten ist, gegessen hast." Der Händler antwortete: "Rabbi, das kann nicht sein. Es ist nicht wahr!" Der Chatam Sofer beharrte auf seine Worte: ‘’Denke gut nach"! Schliesslich gab der Händler zu: "Es gab einst einen Vorfall. Als ich kurz verheiratet war, kochte meine Frau Huhn für uns. Sie brachte mir das Huhn, nachdem sie es vom Schochet erhalten hatte, und zeigte mir eine 'Schaile' (Frage), die sie bezüglich des Huhns hatte. Ich war ein junger, neu verheirateter Mann. Ich schämte mich, meiner Frau zu sagen, dass ich die Antwort nicht klar wusste und dass sie den Rabbiner fragen sollte. Ich hatte zwar Semicha, da ich die Halachot von Schechita und Terejfot gelernt hatte. Ich betrachtete das Huhn. Ich sah die Schaile, und sagte meiner Frau: 'Koscher'." Meine Frau war von meiner Antwort nicht überzeugt und vertraute mir nicht. Sie brachte das Huhn zu einem Raw. Sie sagte dem Raw: "Mein Mann hat Semicha, er lernte die Halachot von Trejfa, und er sagt, dass das Huhn koscher ist. Stimmt dies?" Der Raw betrachtete das Huhn, und es war keine einfache Frage, aber er wollte den neu verheirateten Mann nicht anzweifeln, deshalb sagte er: "Okay, dein Mann sagt, dass es koscher ist, du kannst dich auf seine Meinung verlassen." Der Händler sagte zum Chatam Sofer: "Ich ass jenes Huhn."

Der Chatam Sofer rief aus: "Da haben wir es! Du hast etwas in den Mund genommen, das möglicherweise nicht koscher war. Dies ist der Grund, warum du die Garantie verloren hast, die von meinem Lehrer Rabbi Nathan Adler erwähnt wurde. Der andere Händler hat wahrscheinlich nie etwas Zweifelhaftes in den Mund genommen. Er hattet die Garantie von Haschem, dass er beschützt werden würde, je irgendetwas Nichtkoscheres zu essen."

Ich erzählte diese Geschichte im Zusammenhang mit dem Schiur, den wir an einem Abend - bezüglich der Frage von Insekten im Wasser in New York - besprochen hatten. Ich sagte weiter: ‘’Wir müssen nicht entscheiden, ob das Wasser koscher oder trejfe ist. Es gibt grosse Posskim (Dezisoren), die ihre Meinung über diese Angelegenheit ausgedrückt haben. Dies ist jedoch ein einfaches Beispiel dafür, wie vorsichtig wir sein müssen, nicht etwas Unkoscheres in unseren Mund zu nehmen. Äusserst genaue Vorsicht in dieser Angelegenheit bringt die Erfüllung des Versprechens des Allmächtigen, dass wir nie in eine Situation geraten werden, etwas Verbotes in den Mund zu nehmen oder nehmen zu müssen!

 

Quellen und Persönlichkeiten

 

Rabbi Nathan ben Schim’on haKohen Adler (1741-1800); Frankfurt a/M, Deutschland. Er war ein deutscher Kabbalist und Rabbiner in Frankfurt am Main. Er gilt als Begründer einer westjüdisch-chassidischen Richtung (Frankfurter Chassidim). Einer seiner bedeutenden Schüler war Rabbi     Mosche Sofer, der "Chatam Sofer".

 

Chatam Sofer (1762-1839) [Rabbi Mosche Sofer / Schreiber]; Pressburg/Bratislava, Slowakei. Rosch Jeschiwa und einer der führenden Rabbiner des 19. Jahrhunderts. Er schrieb zahlreiche Werke, wie acht Bände Responsen, 18 Bände Erklärungen zum Talmud, Kommentare zur Tora, Briefe, Gedichte und ein Tagebuch. Die meisten Werke tragen den Namen „Chatam Sofer“.

 

Ketav Sofer (1815 - 1871) [Rabbi Awraham Schmuel Binjamin Sofer/Schreiber] Pressburg /Bratislava, Slowakei. Bekannt durch den Namen seines Hauptwerks ‘’Ketav Sofer’’; Rabbiner, Führungsfigur des ungarischen Judentums und Rosch Jeschiwa der Pressburger Jeschiwa. Nachfolger seines grossen und heiligen Vaters, Rabbi Mosche Sofer, dem ‘’Chatam Sofer’’

 

Rabbi Josef Chajim Sonnenfeld (1848 - 1932): Verbó, Seminiz, Pressburg, Kobersdorf (Ungarn/Slowakei), Jeruschalajim. Schüler des Ketav Sofer. Rav von Jeruschalajim.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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